INTERSPEZIES-PLATTFORMEN

Die Freiraumgestaltung erfährt derzeit eine Neuorientierung: Während Bewertungskriterien wie Funktionalität, Materialität, Machbarkeit, Qualität und Ästhetik bisher ausschliesslich auf den Menschen ausgerichtet waren, werden Tiere und Pflanzen zunehmend in den Gestaltungsprozess miteinbezogen und Naturschutzauflagen nicht nur als negative Einschränkungen verstanden. Konzepte und Methoden wie „Habitectures“ (MacKinnon 2014) und „Animal Aided Design“ (Weisser/Hauck, 2017) zeigen, wie Tiere auf kreative Weise in den Planungsprozess integriert und ihre Ökosystemleistungen berücksichtigt werden können. Der erste Schritt bei der Umsetzung des Designs besteht darin, Informationen über das Vorkommen, Verhalten und die Bedürfnisse der zu integrierenden Lebewesen zu sammeln, um dann die Grundlagen für ihre Integration einzurichten. Die Förderung der Biodiversität beruht darauf, dass alle Lebensformen ein Existenzgrundrecht haben, ist längerfristig aber auch für den Menschen unerlässlich. Neben Wissen oder Arbeit (Humankapital) oder Sachkapital (z. B. Maschinen, Produktionsanlagen) spricht die Wirtschaft hierbei auch von Naturkapital, d. h. dem wirtschaftlichen Wert eines Landschaftsraums, dessen zentraler Bestandteil die Biodiversität ist. Im Rahmen von Lehreinheiten haben wir zwei Campi der Fachhochschule Nordwestschweiz analysiert und Interspezies-Infrastrukturen und -Mobiliare entworfen.

INTERSPEZIES-STADTMÖBEL

Wie können Stadtmöbel gestaltet werden, um Kontaktzonen für Menschen, Tiere und Pflanzen zu schaffen und dabei die Biodiversität zu fördern?

Situation und ökologische Herausforderung

Stadtmöbel für den Aussenbereich sind in der Regel so konzipiert, dass sie den Bedürfnissen der Menschen entsprechen, z. B. zum Sitzen während des Wartens, zum Entspannen, für den sozialen Austausch, zur Abfallentsorgung und dergleichen. Sie bestehen meist aus einheitlich gestalteten Elementen, die gemäss den Anforderungen der jeweiligen Situation zusammengestellt werden.

Konzepte

Abgesehen von der Begrünung mit Pflanzen - um eine natürlichere Atmosphäre zu schaffen, Schatten zu spenden und die Temperatur durch die Transpiration der Pflanzen zu senken - werden normalerweise kaum nicht-menschliche Lebewesen in den Entwurfsprozess für städtische Außenmöbel einbezogen. Hier kommen Interspecies Platforms ins Spiel, um den Bedürfnissen von Tieren und Pflanzen im urbanen Raum gerecht zu werden. In Zusammenarbeit mit dem Bachelorstudiengang Innenarchitektur und Szenografie wurden Konzepte entwickelt und Unterrichtseinheiten an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel (HGK) durchgeführt. Sie sollten die Studierenden für die Themen Biodiversität und interspezies Zusammenleben sensibilisieren, ausloten, welche ökologischen Beiträge in den Disziplinen Kunst und Design geleistet werden können und wie das Thema für die Öffentlichkeit greifbar gemacht werden kann.

Eine genauere Beschreibung der Konzepte, Unterrichtseinheiten und umgesetzten Prototypen findet sich in der Publikation „Mitwelten. Medienökologische Gestaltungsstrategien zur Verbesserung der periurbanen Biodiversität“. (Erscheint demnächst!)

Design-Interventionen von HGK-Studierenden auf dem FHNW-Campus in Brugg-Windisch während des Semesterprojekts ‘SociaLandscapes’ (2023).

Design-Interventionen von HGK-Studierenden auf dem FHNW-Campus in Brugg-Windisch während des Semesterprojekts ‘SociaLandscapes’ (2023).

Design-Intervention von HGK-Studierenden auf dem FHNW-Campus in Brugg-Windisch: Projekt “Der Auftakt” (2023), Präsentation von unscheinbaren aber ökologisch wichtigen Kleintieren im Zoo-Format.

Design-Intervention von HGK-Studierenden auf dem FHNW-Campus in Brugg-Windisch: Projekt “Der Auftakt” (2023), Präsentation von unscheinbaren aber ökologisch wichtigen Kleintieren im Zoo-Format.

REKONFIGURIERTE INFRASTRUKTUREN

Wie können Gegenstände, Möbel und Infrastruktur umfunktioniert oder neu kontextualisiert werden, um die Biodiversität zu fördern?

Situation und ökologische Herausforderung

Städtische Infrastrukturen und Möbelsysteme für Parks und Strassen sind so konzipiert, dass sie Menschen bei Freizeitaktivitäten, beim Warten auf öffentliche Verkehrsmittel, mit nächtlicher Beleuchtung oder Ähnlichem unterstützen. Leider werden die nichtmenschlichen Akteure dieser Lebensräume in der Regel nicht in die Planung und Designansätze einbezogen.

Konzepte

Die Infrastrukturen und Möbelsysteme sollten im Hinblick auf ihr Biodiversitätspotenzial verbessert werden und den Bedürfnissen nichtmenschlicher Lebensformen besser entsprechen. Das Ziel dieser Unterrichtseinheit, die mit Studierenden der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW (HGK) durchgeführt wurde, bestand jedoch nicht darin, neue städtische, bioinklusive Möbel zu entwerfen, sondern bestehende Installationen zu untersuchen und anzupassen. Durch minimale Eingriffe, Aktivismus und Visualisierungen sollte auf Missstände hingewiesen und Vorschläge für Umgestaltungen, Erweiterungen oder Neukonfiguration präsentiert werden. Das Auftreten anderer Lebensformen sollte auch zu einem besseren menschlichen Verständnis und mehr Empathie für ihre Perspektiven und Bedürfnisse führen. Zusätzlich zu den Aktionen und Prototypen wurden die Studierenden gebeten, Vorschläge zu machen, wie Biodiversitätsfunktionen standardmässig in zukünftige Infrastrukturen integriert werden könnten.

Eine detailliertere Beschreibung der durchgeführten Aktionen, der implementierten Prototypen und der Lehreinheiten finden Sie in der Publikation „Mitwelten. Medienökologische Designstrategien zur Verbesserung der Biodiversität in Stadtrandgebieten“. (Erscheint in Kürze!)

Designintervention von Studierenden auf dem HGK Campus: “Vernetzungskorridor” (2023), Aufruf zur Renaturierung der asphaltierten Gleistrassen.

Designintervention von Studierenden auf dem HGK Campus: “Vernetzungskorridor” (2023), Aufruf zur Renaturierung der asphaltierten Gleistrassen.

Designintervention von Studierenden auf dem HGK Campus: 'Seed Sculpture' (2023), Kunst als vergänglicher Biodiveritätsförderer.

Designintervention von Studierenden auf dem HGK Campus: "Seed Sculpture" (2023), Kunst als vergänglicher Biodiveritätsförderer.

TRITTSTEINBIOTOPE

Wie können modulare Trittsteinbiotope gestaltet werden, damit sie an die bestehende Infrastruktur angeschlossen werden können und zur Vernetzung der Biodiversität beitragen?


Situation und ökologische Herausforderung

Basierend auf internationalen Vereinbarungen (UNO, COP, usw.) wurde ein staatlicher Aktionsplan entwickelt, der dazu führen soll, dass die Schweiz bis 2040 über eine funktionierende ökologische Infrastruktur verfügt und verschiedene Umweltmassnahmen entwickelt werden, um die Vielfalt der Arten und Lebensräume zu erhalten. Neben der Förderung einer ausreichenden Anzahl ökologisch wertvoller Lebensräume ist auch deren Vernetzung von zentraler Bedeutung, insbesondere für die genetische Vielfalt.

Konzepte

Wildtierfreundliche Korridore werden normalerweise aus Hecken und Krautsäumen aufgebaut und mit Ast- und Steinhaufen versehen, um genügend Unterschlupfmöglichkeiten und Nahrung zu bieten. In dicht besiedelten, versiegelten urbanen Gebieten können sie aber kaum durchgehend angelegt werden, weshalb die Einrichtung regelmässig vorkommender Trittsteinbiotope zur Überbrückung von einem natürlichen Lebensraum zum nächsten Abhilfe schaffen kann (besonders für Vögel, Insekten und Pfanzensamen). Im Rahmen des Forschungsprojekts „Mitwelten“ wurden konkrete Lösungen für das ökologische Prinzip der Trittsteinbiotope in stadtnahen Gebieten untersucht.

Eine detailliertere Beschreibung der Konzepte und der umgesetzten Prototypen finden Sie in der Publikation „Mitwelten. Medienökologische Gestaltungsstrategien zur Verbesserung der Biodiversität in Stadtrandgebieten“. (Erscheint in Kürze!)

Designintervention von Studierenden auf dem HGK Campus (2023): Modul Pflanzenrabatte des modularen 'Trittsteinwelten' Systems.

Designintervention von Studierenden auf dem HGK Campus: "Trittsteinwelten" (2023), modulares System zur biodiversitätsfördernden Erweiterung bestehender Infrastrukturen.

Designintervention von Studierenden auf dem HGK Campus:

Designintervention von Studierenden auf dem HGK Campus (2023): Modul Pflanzenrabatte des modularen "Trittsteinwelten" Systems.